Hintergrund
Der Roux-en-Y Magenbypass (RYGB) ist ein sehr häufig durchgeführter bariatrischer Eingriff mit einem geringem Risikoprofil. Dennoch gibt es Patienten, die unter Langzeitkomplikationen leiden, sodass Revisionseingriffe bis hin zu Operationen mit Wiederherstellung der normalen Anatomie (RYGB reversal) notwendig werden können. Leider gibt es wenig Daten zu den Indikationen, den chirurgischen Techniken und Ergebnissen nach RYGB-Reversal-Operationen.
Während die Rückverlegung des RYGB laparoskopisch technisch machbar ist [1], gibt es keinen bewährten Standard in Bezug auf die Indikationsstellung und die chirurgische Durchführung. Verschiedene Ansätze zur Wiederherstellung der Anatomie nach RYGB (Abbildung 1: A-C) sind beschrieben worden und beinhalten unter anderem die Anwendung von Linear- oder Zirkularstapler sowie die Möglichkeit der manuellen Naht für die Gastrogastrostomie und die Resektion der Roux-Schlinge oder gar Belassen der Jejunojenostomie.
Methodik
Die Analyse basiert auf retrospektiv gesammelten Daten aus 19 bariatrischen Referenzzentren weltweit [2]. Eingeschlossen wurden 48 Patient:innen, die zwischen 2010 und 2024 eine elektive Reversal-Operation nach RYGB erhalten haben und bei denen mindestens 90 Tage postoperativ Verlaufskontrollen durchgeführt wurden. Es wurden sowohl die präoperativen Patientendaten als auch die kurz- und langfristigen Ergebnisse ausgewertet, einschliesslich Komplikationsraten und Gewichtsverläufen.
Ergebnisse
Die Auswertung zeigte, dass die Indikationen für eine RYGB-Reversal-Operation wie folgt gestellt wurden: Dumping Syndrom (33,3%), exzessiver Gewichtsverlust (29.2%), Anastomosen Ulkus (14,6%), Malabsorption (12.5%) und abdominelle Schmerzen (10.4%). Während des ersten Jahres lag die postoperative Komplikationsrate bei 50%, wobei 16.7 % schwerwiegende Komplikationen (CDC Grad III-IV) und 2 % Sterblichkeit aufwiesen.
Bei den Patienten, die eine Rückverlegung des RYGB zur normalen Anatomie erhielten, wurde eine Gewichtzunahme von 18% vom ursprünglichen BMI beobachtet. Im ersten postoperativen Jahr konnten die meisten Patienten ihren BMI unter dem Grenzwert für schwere Adipositas halten. Die detaillierte Analyse der Untergruppen bezugnehmend auf die Indikationsstellung der Reversal-Operation ergab dabei, dass die höchste Gewichtszunahme in den Gruppen abdominelle Schmerzen, Dumping Syndrom und Anastomosen Ulkus beobachtet wurde (Abbildung 2).
Diskussion
Die Reversal-Operation des RYGB ist ein seltener Eingriff, der zwar technisch machbar ist, jedoch mit einer erhöhten Morbidität verbunden ist. Insbesondere die Konversionsrate zur offenen Chirurgie mit >8% sowie Komplikationen mit einem Schweregrad CDC >III von fast 20% sind beachtlich. Eine sorgfältige interdisziplinäre Abklärung ist von entscheidender Bedeutung, da die meisten Patienten zum Zeitpunkt der Umkehroperation bereits mehrere chirurgische oder endoskopische Revisionsverfahren und erfolglose medikamentöse Therapien hinter sich haben.
Auf der anderen Seite haben sich Bedenken einer unmittelbaren Gewichtszunahme wie es bei Patienten beobachtet wurde, welche ihre medikamentöse Behandlung sistiert haben oder bei denen ein Magenband entfernt wurde, nicht bestätigt. Die Auswertung in der Studie zeigte, dass sich die Patienten nach Rückverlegung des RYGB auch ein Jahr postoperativ unterhalb der Schwelle zur schweren Adipositas halten konnten.
Die Gründe für diese Beobachtung sind vermutlich vielfältig und liegen möglicherweise an einem früher einsetzenden Sättigungsgefühl durch die Dehnung des Neo-Magens sowie daran, dass die Absorption von Nährstoffen und intestinale Signalkaskade aufgrund eines kürzeren Dünndarmes (sofern die Roux-Schlinge bei der Reversal-Operation entfernet wurde) verändert ist. Ausserdem bewahrt der gesündere Lebensstil mit verändertem Essverhalten und regelmässiger sportlicher Betätigung vermutlich ebenfalls vor einer starken Gewichtszunahme.
Die niedrigste Gewichtszunahme wurde in der Patientengruppe mit Malabsorption (ca. 21%) beobachtet, während Patienten mit Dumping Syndrom bis zu 32% ihres Ursprungsgewicht zunahmen. Diese Beobachtung stützt die Hypothese, dass die postprandiale Nährstofferkennung und die Konditionierung des Essverhaltens bei einigen Patienten sehr wirksam die übermässige Kalorienaufnahme verhindern.
Auch die etwas stärkere Gewichtszunahme in der Patientengruppe mit abdominellen Schmerzen und Anastomosen Ulkus erscheint nachvollziehbar, denn nach Sistieren der Beschwerden schwindet auch die Abneigung zur oralen Nahrungsaufnahme.
Trotz internationaler Datensammlung ist die Kohorte mit einer Fallzahl von 48 relativ klein, sodass die Aussagekraft gerade in Bezug auf seltene Vorkommnisse gemindert ist. Ebenso fehlen Informationen zum genauen chirurgischen Vorgehen inklusive Angaben der verbliebenen Länge des Dünndarmes, zum perioperativen Ernährungszustand der Patienten, zu ihrer subjektiven Lebensqualität und ihren prä- und postoperativen Schmerzlevels. All dies wären wertvolle Erkenntnisse für ein besseres Verständnis der Risiken und Vorteile einer Reversionsoperation und würden die Notwendigkeit zukünftiger prospektiver Studien zu dieser mehrfach erkrankten Patientengruppe unterstützen [3].
- Gero D, Hawkins W, Pring C, Slater G. Laparoscopic Reversal of Roux-en-Y Gastric Bypass with Hand-Sewn Gastro-Gastrostomy and Resection of the Alimentary Limb. Obesity Surgery 2024. https://doi.org/10.1007/s11695-024-07588-5.
- Gero D, Vannijvel M, Okkema S, et al. Defining Global Benchmarks in Elective Secondary Bariatric Surgery Comprising Conversional, Revisional, and Reversal Procedures. Ann Surg. 2021 Nov 1;274(5):821-828. doi: 10.1097/SLA.0000000000005117. PMID: 34334637.
- Gribsholt, S.B., Madsen, L.R., Poulsen, I.M. et al. Changes in Symptoms and General Well-being After Reversal of Roux-en-Y Gastric Bypass: A Questionnaire Survey. OBES SURG 35, 33–39 (2025). https://doi.org/10.1007/s11695-024-07321-2