Zugang zur Weiterbildung in spezialisierten Bereichen
„Inwiefern beeinflusst die Zentralisierung durch die HSM die Weiterbildungsmöglichkeiten für junge Chirurg:innen und Fachkräfte ausserhalb der zugelassenen HSM-Zentren? Welche spezifischen Massnahmen sind geplant, um die Weiterbildung in hochspezialisierten Eingriffen landesweit sicherzustellen?“
In den meisten medizinischen Gebieten machen die HSM-Eingriffe nur einen sehr kleinen Anteil des gesamten chirurgischen Behandlungsspektrums aus, weshalb der Betrieb einer Weiterbildungsstätte an Spitälern ohne HSM-Zuteilung durch die HSM-Planung in aller Regel nicht eingeschränkt wird. Umgekehrt erlaubt die Konzentration von HSM-Eingriffen auf wenige hochspezialisierte Zentren die Nutzung von Synergien in der Organisation der Weiterbildung und ermöglicht es jungen Chirurginnen und Chirurgen, ihre Weiterbildung an Zentren zu absolvieren, die hohe Fallzahlen aufweisen. Das ermöglicht eine bessere Ausbildung in diesen Zentren und erlaubt eine raschere Aneignung von Routine und Expertise bei der Begleitung oder Durchführung entsprechender Operationen. Eine breitere Verteilung einzelner HSM-Fälle auf eine höhere Anzahl von Kliniken bringt folglich keinen Vorteil für die Weiterbildung, sondern verschlechtert sie eher. Hilfreich sind hier die von der HSM unterstützten Netzwerkbildungen, die natürlich auch die Kooperation bezüglich Weiterbildung beinhalten.
Einbindung von HSM-Chirurg:innen in allen Tumorboards in der Schweiz
„Aktuell werden nur die Operationen reglementiert. Wäre es für eine Qualitätssicherung der Behandlung einer malignen Erkrankung nicht sinnvoll, dass in jedem Tumorboard mindestens eine HSM-Chirurg:in eingebunden ist, um sicherzustellen, dass Patient:innen zur korrekten Operation zugewiesen werden?“
Dass in der HSM nur Operationen reglementiert werden, ist nicht korrekt. Diverse HSM-Bereiche umfassen auch therapeutische oder interventionelle Behandlungen. Im Bereich der Onkologie werden beispielsweise bei Kindern und Jugendlichen Anforderungen an die Tumorboards bei allen Krebspatientinnen und -patienten gestellt, welche stets die Präsenz einer Chirurgin/eines Chirurgen erfordern. Die HSM kann allerdings nur Anforderungen in denjenigen medizinischen Bereichen stellen, die auch von ihr reguliert werden. Da bei Erwachsenen nur gewisse Behandlungen maligner Erkrankungen der HSM zugeordnet sind, gelten nur für diese spezifischen Behandlungen die HSM-Anforderungen an Tumorboards. Zudem umfassen HSM-Bereiche ausschliesslich die stationären Behandlungen, es müsste aber auch bei ambulanten Behandlungen die erforderliche fachliche Expertise in allen Boards vertreten sein, worauf die HSM-Planung jedoch keinen Einfluss nehmen kann.
Fallzahlen und Qualitätskriterien in flankierenden Disziplinen
„Inwiefern werden in der HSM-Planung auch die Fallzahlen- und Qualitätsanforderungen der flankierenden Disziplinen, wie Onkologie oder Gastroenterologie, berücksichtigt? Welche Rolle spielen diese in der ganzheitlichen Patientenversorgung und Qualitätskontrolle?“
Die Anforderungen an die HSM-Zentren werden jeweils bereichsspezifisch festgelegt. In chirurgischen HSM-Bereichen betreffen die Qualitätsanforderungen an HSM-Zentren durchaus auch flankierende Disziplinen, deren Verfügbarkeit beispielsweise gemäss den personellen und/oder infrastrukturellen Voraussetzungen gefordert wird. In den Bereichen «Komplexe Behandlung von Hirnschlägen» oder auch «Behandlung von Schwerverletzten» wurde zum Beispiel neben Mindestfallzahlen für die eigentlichen HSM-Eingriffe zusätzlich eine (viel höhere) Mindestfallzahl für die Aufnahme von Schlaganfallpatientinnen und -patienten resp. Patientinnen und Patienten, bei denen eine initiale Notfallbehandlung notwendig ist, festgelegt. Langfristiges Ziel ist es, die Performance der HSM-Zentren mittels Daten zur Outcome-Qualität zu beurteilen. Dabei fliesst auch die Qualität der Behandlung durch die angrenzenden Disziplinen mit ein, da der Outcome nicht allein vom Resultat der chirurgischen Intervention abhängt.
Kosten und Finanzierung der HSM-Register
„Welche Schritte unternimmt die HSM, um die hohen Kosten der verpflichtenden Qualitätsregister zu bewältigen, und gibt es Überlegungen zu alternativen Finanzierungsmodellen, um die Kliniken zu entlasten?“
Bei HSM-Registern existiert ein breites Spektrum an Finanzierungsmodellen. In der Regel bezahlen die HSM-Zentren einen Mitgliederbeitrag an das Register, um die Betriebskosten zu decken. Je nach Bereich leisten auch betroffene Fachgesellschaften oder andere Entitäten (z.B. der Bund beim Kinderkrebsregister) finanzielle Beiträge an die HSM-Register. Grundsätzlich ist festzuhalten, dass die Arbeiten, die durch die Spitäler für die Qualitätsregister geleistet werden, im Rahmen der Vergütung gemäss Fallpauschalen gedeckt werden sollten. Dieser Mechanismus funktioniert in HSM-Bereichen gleich wie in medizinischen Gebieten, die nicht durch die HSM reguliert werden. Wenn die Spitäler ihre Aufwände für Qualitätsarbeiten dokumentieren und auf der Rechnungsstellung sichtbar machen, sollte auch der Betrag der entsprechenden Fallpauschale erhöht werden können, wenn die Kosten der Spitäler für Qualitätsarbeiten aufgrund der HSM-Register ansteigen.
Langfristiges Ziel der HSM: Qualitätsverbesserung oder Zentralisierung?
„Welches ist das primäre Ziel der HSM – Qualitätsverbesserung oder Zentralisierung der medizinischen Versorgung? Gibt es Mechanismen zur Bewertung, ob die Zentralisierung tatsächlich zu einem besseren medizinischen Outcome führt? Gibt es Pläne dafür, wie eine nahtlose Patientenüberweisung und eine interdisziplinäre Versorgung gewährleistet werden können?“
Das Bundesparlament hat die Kantone beauftragt, für den Bereich der Hochspezialisierten Medizin eine gemeinsame gesamtschweizerische Planung vorzunehmen. Dies mit dem Ziel, die Qualität und die Effizienz der Leistungserbringung zu steigern und Doppelspurigkeiten zu beseitigen. Erreicht werden soll dies mit einer Zentralisierung des Angebots. Konzentration und Qualitätsverbesserung gehen also Hand in Hand.
Die HSM-Planung führt nicht zwangsläufig in allen Teilbereichen zu einer Konzentration des Angebots. Es ist auch möglich, dass der Status quo verbindlich geregelt und dadurch eine zukünftige Ausweitung der Leistungserbringung auf zusätzliche Leistungserbringer verhindert wird. Damit kann einer weiteren Verzettelung der meist schon sehr kleinen Fallzahlen vorgebeugt werden.
Bis Outcome-Daten für Zuteilungsentscheide herangezogen werden und damit die als Surrogat-Marker für Qualität verwendeten Mindestfallzahlen ergänzen oder gegebenenfalls sogar ersetzen können, sind oft mehrjährige Vorarbeiten notwendig. Eine quantitative Beurteilung der Auswirkungen der HSM-Leistungszuteilung auf die Kosten und die Qualität der Leistungserbringung ist unter anderem aufgrund der kurzen Beobachtungsdauer nach Leistungszuteilung zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht möglich. Mit der Schaffung von Qualitätsregistern und der konsequenten jährlich aktualisierten Abbildung der HSM-Leistungen in den Klassifikationssystemen CHOP und ICD wurden aber die Grundlagen für ein umfassendes Monitoring der Leistungszuteilungen in den einzelnen Bereichen geschaffen. Wir sind kontinuierlich daran, die bisherigen qualitativen Daten aus den Registern auszuwerten und das Ergebnis dann zukünftig schnellstmöglich in die weitere Arbeit einfliessen zu lassen.