Mit dem Ziel, der Traumaversorgung mehr Gewicht zu geben, haben sich die Schweizerische Gesellschaft für Chirurgie (SGC) und «swiss orthopaedics» (SO) geeinigt, einen gemeinsamen Schwerpunkt – analog zur Wirbelsäulenchirurgie – zu schaffen, der einem hohen Qualitäts-Anspruch gerecht wird. Damit sollen die jüngeren Kolleginnen und Kollegen motiviert werden, ihre Fähigkeiten früh in diesem Bereich zu intensivieren.
Die SGC hatte schon seit Längerem geplant, den Schwerpunkt «Allgemeinchirurgie und Traumatologie» (SPACT) in einen «Schwerpunkt Spezialisierte Traumatologie» (SPST) zu überführen. Im Rahmen dieser Programmanpassungen kam das Interesse auf, ein für Fachärztinnen und Fachärzte beider Titel gemeinsam zu erreichendes Weiterbildungsprogramm zu erstellen.
Dies führte seit Juni 2022 zu einer sehr konstruktiven Zusammenarbeit von Vertreterinnen und Vertretern der SGC und der SO zusammen mit dem Schweizerischen Institut für ärztliche Weiter- und Fortbildung (SIWF), sodass sich alle auf ein gemeinsames Weiterbildungs-Programm für den Schwerpunkt «Spezialisierte Traumatologie» einigen konnten.
Der neu geschaffene Schwerpunkt kann von beiden Fachrichtungen, d.h. als Fachärztin und Facharzt Chirurgie oder Orthopädie erlangt werden. Das Programm beinhaltet eine 2-jährige Zusatzausbildung, wovon mindestens 12 Monate an einer Klinik (ST1-Klinik) absolviert werden müssen, welche mit der Versorgung von polytraumatisierten Patienten (HSM) beauftragt ist. Zudem müssen im Vergleich zum Facharzttitel mindestens 420 zusätzliche traumatologisch-orthopädische Eingriffe und eine Schwerverletztenbehandlung von mindestens 80 Patienten nachgewiesen werden. Es werden zudem ein gültiger Advanced Trauma Life Support (ATLS) – oder European Trauma Course (ETC)-Ausweis und der Besuch gewisser traumatologischer Kurse verlangt.
Ein eigenes Schwerpunkt-Sekretariat hat gleichzeitig die administrativen Aufgaben des SIWF übernommen, verwaltet diesen Schwerpunkt und vergibt diesen nach Beurteilung durch Vertreter der Bildungskommission, die paritätisch aus Fachärzten der Chirurgie und der Orthopädie zusammengesetzt ist.
Seit dem 1.1.2024 kann dieser Schwerpunkt-Titel online beantragt werden. Es gelten Übergangsbestimmungen bis zum 31.12.2026. Bis zu diesem Zeitpunkt können Fachärztinnen und Fachärzte beider Fachrichtungen mit nachgewiesener mindestens 2-jähriger Kaderarzt-Erfahrung im Traumadienst (nach Erhalt des Facharzt-Titels) diesen Schwerpunkt privilegiert erhalten. Trägerinnen und Träger des Schwerpunkts Allgemeinchirurgie und Traumatologie (ACT) erhalten diesen automatisch im Rahmen der Umwandlung und müssen nur das neue Diplom beantragen. ACT-Titelträgerinnen und -Träger mit mehrheitlich viszeralchirurgischer Erfahrung können nun auch den Schwerpunkt Viszeralchirurgie vereinfacht erlangen.
Nach 6 Monaten konnten im Rahmen der geltenden Übergangsbestimmungen schon insgesamt 320 Diplome und Titel vergeben werden (Stand 19.6.2024):
- 64 neue Diplome an ACT-Titelträger (WBP 10.7.)
- 6 Diplome nach altem ACT-Programm (WBP 10.4.)
- 8 Diplome privilegiert für Fachärzte Chirurgie (WBP 10.6.)
- 182 Diplome privilegiert für Fachärzte Orthopädie und Traumatologie (WBP 10.5.)
- 0 Diplome nach ordentlichem Verfahren
Der neue Schwerpunkt bringt auch eine neue – bzw. im Fall der orthopädischen Kliniken auch zusätzliche – Einteilung der Weiterbildungsstätten der Chirurgie und Orthopädie mit sich. Diese Einteilung ist erfolgt, wobei die orthopädisch/unfallchirurgischen Kliniken der 12 definierten Schweizerischen Trauma-Zentren (HSM-Auftrag) automatisch der 1. Kategorie (ST1-Klinik) zugerechnet wurden. Kliniken, die mindestens 400 Patienten mit Traumaverletzungen pro Jahr versorgen, können, sofern sie die anderen Bedingungen erfüllen, in die Kategorie ST2 eingeteilt werden.
Dank tatkräftiger Unterstützung durch das Schwerpunkt-Sekretariat Meister ConCept konnte der grosse administrative Aufwand bei der Schaffung und Umsetzung dieses neuen Schwerpunkts bewältigt werden. Wir sind überzeugt, dass wir mit dieser Arbeit die Bedeutung, aber auch die Qualität der Traumaversorgung in der Schweiz in der Zukunft stärken werden.