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Focus

Chirurg:in in 42 Wochenstunden, geht das?

Ist eine gute chirurgische Ausbildung mit einer 42 h + x Arbeitswoche vereinbar? Eine Frage, die zu sehr vielen, teils hitzigen Diskussionen führt(e). Die Meinungen verhalten sich dabei oft wie Feuer und Wasser. Nicht zuletzt haben diverse Interviews, Fernsehberichte und Statements auf unterschiedlichen Plattformen dazu geführt, dass sich das Thema wie ein brennender Ölteppich ausbreitet.

Zu Recht ist das Thema Arbeitszeit in der Chirurgie und genauer gesagt die Reduktion der Soll-Wochenstunden ein sehr brenzliges Thema. Im Generationenwandel beobachten wir häufig, dass die Arbeit nicht mehr den unumstrittenen Lebensmittelpunkt bildet, sondern grosser Wert auf eine gesunde Life-Work-Balance und Mental-Health gelegt wird. Dabei stehen die Leidenschaft für das Fach und die Bereitschaft, Opfer zu bringen bzw. der Fakt, dass wir ein Handwerk betreiben, welches Übung und Repetition braucht, in keinster Weise zur Debatte!

Auch mit reduzierter Arbeitszeit wollen wir jungen Chirurg:innen auch nur Eines: so gute Chirurg:innen werden wie unsere Vorbilder. Und wir wissen, dass dies nicht ohne Aufwand, Engagement und Eigenverantwortung geschieht. Hierbei dürfen wir auf unseren Artikel im Swiss Knife 1/2023 «Update – New Generations of FJC» verweisen. Nach Auswertung der Meinungsumfragen war klar ersichtlich, dass die Mehrheit der Kolleg:innen die «gewonnene» Freizeit wiederum in die eigenständige Weiterbildung sowie ins Training der chirurgischen Skills investieren würde. Selbstredend impliziert dies die Bereitstellung von Simulatoren, Skills-Labs in speziellen Trainingszentren oder auch den Einsatz von mittels AI generierten Plattformen, welche adaptives Lernen ermöglichen. Wir glauben, dass man mit Klinik-internen, gut strukturierten Weiterbildungsprogrammen einen wesentlichen, unterstützenden Teil zur guten Ausbildung der jungen Generation der Chirurg:innen beitragen kann.

Bei etwas näherer Betrachtung ist auch klar ersichtlich, dass ein Vielfaches der Tätigkeiten, die aktuell von Ärzt:innen in Ausbildung erledigt werden, gar nicht ärztliche Aufgaben sind (Copy & Paste von Diagnosen, Ausfüllen von Formularen und Anträgen etc.), welche ohne Weiteres auch outgesourct werden könnten. Zusätzlich wurden auch unklare Workflows und Software als Zeitfresser genannt, welche durch angepasste Programme bzw. Hardware minimiert werden könnten.

Ein weiteres Schlagwort in der Debatte um die Arbeits- und Ruhezeiten ist die «Patientensicherheit» ((Fischer, D. et al. (2017) Updating the “Risk Index”: A systematic review and meta-analysis of occupational injuries and work schedule characteristics doi: 10.1080/07420528.2017.1367305.)) Wer trägt die Verantwortung für einen Handlungsfehler aufgrund von Überarbeitung? Was macht ein solches Ereignis mit dem/r Betroffenen? Wie können wir unerwünschte Zwischenfälle vermeiden?

Ein weiteres, oft genanntes Problem ist die Kontinuität in der Patientenbehandlung. Der Vorwurf, dass es durch die festgelegten Arbeits- und Ruhezeiten zu häufigen Wechseln in der Patientenbetreuung kommt und dabei Informationen untergehen, ist nicht von der Hand zu weisen. Schon jetzt, bei einer 48–50-h-Woche, ist eine dauerhafte Präsenz/Erreichbarkeit nicht gegeben und wird sich mit einer 42 h + x Woche nicht weiter dramatisch verändern, wenn Prozessanpassung und intelligente Block-Dienstplanungen vorgenommen werden. Diverse Arbeits-Modelle in den skandinavischen Ländern haben nachweislich gezeigt, dass durch ausreichende Ruhezeiten und balancierte Arbeitsbelastung die Arbeit effizienter und mit reduzierter Fehlerquote geleistet wird.

Wie also schaffen wir es, den Ölteppich aufzulösen, ohne dass sich die eine oder andere Fraktion übergangen fühlt? Wäre es nun, hypothetisch gedacht, möglich, die Wochen-Arbeitsstunden zu reduzieren vor allem durch eine Reduktion der administrativen Tätigkeiten; die strukturierte Weiterbildung im OP sowie innerklinisch optimierend und mit Appell an die Eigeninitiative jedes/r Einzelnen zum Selbsttraining?

Eine offene Diskussion ist enorm wichtig, um die Standpunkte der jeweiligen Parteien zu verstehen und eine gemeinsame Lösung zu finden. Die Debatte und die mögliche Lösung sollte dabei durch uns Chirurg:innen geführt werden, bevor ein Ergebnis durch die Politik vorgeschrieben wird.

Daher möchten wir alle gerne zu unserer diesjährigen Sitzung am SCS-Kongress in Davos einladen (Donnerstag, 30.5.2024, 12:45–14:15 Uhr im Davos Break out), um dieses heisse Thema zu erörtern; mit der Möglichkeit einer offenen Diskussion. Die Referenten sind bekannt aus diversen Interviews und Fernsehberichten. Lassen Sie uns zusammen herausfinden, wie hoch das Feuer lodert. Wo hat es vielleicht bereits Schaden angerichtet? Und vor allem lassen Sie uns im offenen, fairen Gespräch Lösungsansätze finden, wie wir die frei werdende Energie am besten nutzen! Wir freuen uns auf Sie!

Reviewed by

Claudia Stieger, Editorial Board

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